in der
Sendung am Donnerstag, 20.6. | 22.00 Uhr | SWR Fernsehen
Heilen
mit Fäkalien? Das lässt manchen Zeitgenossen die Nase rümpfen. Doch für
chronisch Darmkranke ist die sogenannte Stuhltherapie eine Hoffnung. Ärzte
verpflanzen dabei eine Stuhlprobe von einem gesunden Spender, um kranke
Darmflora zu sanieren.
Nach
einer Herzoperation erhält die Seniorin Elisabeth D. Antibiotika. Eine
unangenehme Nebenwirkung einer Antibiotikatherapie ist, dass sie große Teile
der Bakterien in der Darmflora zerstört. Laut Studien können Antibiotika bis zu
einem Drittel der Darmbakterien vernichten. Kann der Körper die Darmflora nicht
schnell genug wieder neu aufbauen, besteht die Gefahr, dass sich schädliche
Bakterien in die entstandenen "Lücken" setzen und ungehindert
ausbreiten. Das passiert bei Elisabeth D. Die Seniorin infiziert sich noch in
der Klinik mit einem der gefährlichsten Krankenhauskeime: Clostridium difficile.
Die Folge ist ein entzündeter Darm und wochenlange chronische Durchfälle.
Lebensgefährliche Keime im Darm
infiziert
er die Patientin immer wieder neu. Gerade ältere und kranke Menschen sind von
dieser schweren Form der Krankheit betroffen.
Bakterien aus dem Darm eines Gesunden
transplantieren
In dieser
lebensbedrohlichen Situation will der behandelnde Arzt, Prof. Max Reinshagen
vom Klinikum Braunschweig eine letzte Chance ergreifen. Es gibt eine
ungewöhnliche Therapie, die in Deutschland neu ist: die sogenannte
Stuhltransplantation. Dabei wird Stuhl eines gesunden Spenders in den kranken
Darm übertragen und mit ihm die natürliche Zusammensetzung der Bakterienflora.
Da das Verfahren in Deutschland noch nicht zum Einsatz kam, sichert Reinshagen
sich bei der Ärztekammer Niedersachsen ab. Als "individuellen
Heilversuch" kann er die Methode wagen, um das Leben seiner Patientin zu
retten.
Die
Stuhlprobe des Spenders wird vor dem Eingriff so genau wie möglich untersucht,
um das Risiko zu minimieren, dass sich schädliche Keime mit übertragen. Die
Lösung wird dann, wie bei einer Darmspiegelung, mit einem Koloskop in den
Dickdarm eingeimpft. Die Hoffnung ist, dass sich die fremden Bakterien aus der
Lösung im kranken Darm der Patientin ausbreiten und ansiedeln. So könnte die
neue, transplantierte Darmflora die gefährlichen Clostridien bekämpfen.
Erst nach
einigen Wochen wird klar, ob die Therapie erfolgreich war. Der schwere
Durchfall von Elisabeth D. kehrt nicht wieder. Die neue Darmflora hat den Keim
bekämpft. Die ungewöhnliche Therapie hat der Seniorin das Leben gerettet.Mist, MengeleMedizin.
In Zukunft chronische Darmerkrankungen heilen
Prof. Max
Reinshagen rettete Elisabeth D. dank seiner Hartnäckigkeit das Leben.
Die
Stuhltransplantation kam zwar international schon zum Einsatz und ist in
Fachzeitschriften dokumentiert. Um es aber in Deutschland routinemäßig
einsetzen zu können, müssten noch Studien folgen.
Wissenschaftler
sind gerade dabei, die verschiedenen Bakterien der Darmflora zu identifizieren.
So könnte eines Tages möglicherweise eine künstliche Darmflora entwickelt werden,
die nicht mehr das Risiko birgt, auch schädliche Keime zu enthalten. Erste
Ergebnisse in diese Richtung lieferten kanadische Forscher.
Prof.
Reinshagen hofft, dass künftig noch mehr Kranke von dem neuen Wissen über die
Darmflora profitieren, und Stuhltransplantation auch andere chronische
Darmkrankheiten heilen können.
Bakterienvielfalt im Darm
Unsere Darmflora besteht aus mindestens 160 Bakterienarten. Forscher schätzen, dass es sogar sehr viel mehr sind, vermutlich an die 1.000 unterschiedliche Bakterien. Das Zusammenspiel der Darmbakterien regelt nicht nur Aufgaben der Verdauung, sondern auch der Immunabwehr.
A. Rau Unsere Darmflora besteht aus mindestens 160 Bakterienarten. Forscher schätzen, dass es sogar sehr viel mehr sind, vermutlich an die 1.000 unterschiedliche Bakterien. Das Zusammenspiel der Darmbakterien regelt nicht nur Aufgaben der Verdauung, sondern auch der Immunabwehr.
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