Donnerstag, 20. Juni 2013

Fremde Darmflora rettet Leben



Fremde Darmflora rettet Leben
in der Sendung am Donnerstag, 20.6. | 22.00 Uhr | SWR Fernsehen
Heilen mit Fäkalien? Das lässt manchen Zeitgenossen die Nase rümpfen. Doch für chronisch Darmkranke ist die sogenannte Stuhltherapie eine Hoffnung. Ärzte verpflanzen dabei eine Stuhlprobe von einem gesunden Spender, um kranke Darmflora zu sanieren.
Therapie mit Fäkalbakterien  "Schul"Medizin Mist, MengeleMedizin, NotfallMedizin ...,

viel richtiger .

Nach einer Herzoperation erhält die Seniorin Elisabeth D. Antibiotika. Eine unangenehme Nebenwirkung einer Antibiotikatherapie ist, dass sie große Teile der Bakterien in der Darmflora zerstört. Laut Studien können Antibiotika bis zu einem Drittel der Darmbakterien vernichten. Kann der Körper die Darmflora nicht schnell genug wieder neu aufbauen, besteht die Gefahr, dass sich schädliche Bakterien in die entstandenen "Lücken" setzen und ungehindert ausbreiten. Das passiert bei Elisabeth D. Die Seniorin infiziert sich noch in der Klinik mit einem der gefährlichsten Krankenhauskeime: Clostridium difficile. Die Folge ist ein entzündeter Darm und wochenlange chronische Durchfälle.
Lebensgefährliche Keime im Darm

     
Das hochgefährliche Bakterium Clostridium difficile nistete sich in den Lücken der Darmflora ein.


infiziert er die Patientin immer wieder neu. Gerade ältere und kranke Menschen sind von dieser schweren Form der Krankheit betroffen.
Bakterien aus dem Darm eines Gesunden transplantieren
In dieser lebensbedrohlichen Situation will der behandelnde Arzt, Prof. Max Reinshagen vom Klinikum Braunschweig eine letzte Chance ergreifen. Es gibt eine ungewöhnliche Therapie, die in Deutschland neu ist: die sogenannte Stuhltransplantation. Dabei wird Stuhl eines gesunden Spenders in den kranken Darm übertragen und mit ihm die natürliche Zusammensetzung der Bakterienflora. Da das Verfahren in Deutschland noch nicht zum Einsatz kam, sichert Reinshagen sich bei der Ärztekammer Niedersachsen ab. Als "individuellen Heilversuch" kann er die Methode wagen, um das Leben seiner Patientin zu retten.
Die Stuhlprobe des Spenders wird vor dem Eingriff so genau wie möglich untersucht, um das Risiko zu minimieren, dass sich schädliche Keime mit übertragen. Die Lösung wird dann, wie bei einer Darmspiegelung, mit einem Koloskop in den Dickdarm eingeimpft. Die Hoffnung ist, dass sich die fremden Bakterien aus der Lösung im kranken Darm der Patientin ausbreiten und ansiedeln. So könnte die neue, transplantierte Darmflora die gefährlichen Clostridien bekämpfen.
Erst nach einigen Wochen wird klar, ob die Therapie erfolgreich war. Der schwere Durchfall von Elisabeth D. kehrt nicht wieder. Die neue Darmflora hat den Keim bekämpft. Die ungewöhnliche Therapie hat der Seniorin das Leben gerettet.Mist, MengeleMedizin.
In Zukunft chronische Darmerkrankungen heilen
 Prof. Max Reinshagen vom Klinikum Braunschweig sitzt mit Patientin am Tisch
Prof. Max Reinshagen rettete Elisabeth D. dank seiner Hartnäckigkeit das Leben.
Die Stuhltransplantation kam zwar international schon zum Einsatz und ist in Fachzeitschriften dokumentiert. Um es aber in Deutschland routinemäßig einsetzen zu können, müssten noch Studien folgen.
Wissenschaftler sind gerade dabei, die verschiedenen Bakterien der Darmflora zu identifizieren. So könnte eines Tages möglicherweise eine künstliche Darmflora entwickelt werden, die nicht mehr das Risiko birgt, auch schädliche Keime zu enthalten. Erste Ergebnisse in diese Richtung lieferten kanadische Forscher.
Prof. Reinshagen hofft, dass künftig noch mehr Kranke von dem neuen Wissen über die Darmflora profitieren, und Stuhltransplantation auch andere chronische Darmkrankheiten heilen können.

Bakterienvielfalt im Darm

Unsere Darmflora besteht aus mindestens 160 Bakterienarten. Forscher schätzen, dass es sogar sehr viel mehr sind, vermutlich an die 1.000 unterschiedliche Bakterien. Das Zusammenspiel der Darmbakterien regelt nicht nur Aufgaben der Verdauung, sondern auch der Immunabwehr.
A. Rau